Akrobatik
Akrobatik

Akrobatik

Unter Akrobatik (über französisch acrobate, von griechisch ακροβατώ ‚auf Zehenspitzen gehen‘, aus άκρος ‚hoch‘ und βαίνειν ‚gehen‘) versteht man allgemein körperliche Bewegungen, die hohe koordinative & konditionelle Anforderungen an den Ausübenden stellen. Hinzu gehören beispielsweise Überschläge, Salti, komplizierte Sprünge & statische Figuren wie menschliche Pyramiden. Fast jede Leistung oder Sportart, die den gesamten Körper miteinbezieht – insbesondere bei kurzen, in hohem Grade kontrollierten Bewegungen -, kann als Akrobatik gelten. Als Akrobat würde ein Artist beziehungsweise ebenfalls Künstler bezeichnet, jener turnerische Elemente und spektakuläre Tricks vorführt.

Akrobatische Traditionen

Akrobatische Traditionen hinterließen ihre Spuren überall in jener Welt. In Europa findet man in jener minoischen Kultur um ca. 2.000 v. Chr. erste mögliche Beschreibungen von akrobatischen Kunststücken: In Abbildungen des Stiersprungs überwanden Jugendliche mit akrobatischen Sprüngen das Tier.

In jener Geschichtsschreibung des europäischen Mittelalters (zwischen 500 & 1500 n. Chr.) wurden akrobatische Leistungen oft mit Lieddarbietungen, Jonglagen & weiteren Tätigkeiten kombiniert. An vielen Konsolfiguren und Kapitellen romanischer Kirchen finden sich Darstellungen von Akrobaten, wobei weniger die akrobatisch-sportlichen Leistungen selbst im Vordergrund stehen, sondern vielmehr die seltsam anmutenden Bewegungen & Verrenkungen. Aus dieser Zeit wäre ein Autor allgemein bekannt, jener ein Buch über Akrobatik veröffentlichte: Archange Tuccarro (in Frankreich, als königlicher Hofspringer, am Hofe Karls IX) mit seinem Trois dialogues de l’exercise de sauter et voltiger en l’air (Paris 1599).

Wenngleich die Bezeichnung zuerst nur für Hochseil-Akrobatik verwendet wurde, begann man ab dem 20. Jahrhundert, sie auf Formen der darstellenden Kunst, einschließlich Gymnastik & Zirkuskünste, auszuweiten. Es bildeten sich zu dieser Zeit Vereine & Verbände, in welchen Kunstkraftsport betrieben wurde. Im Kunstkraftsport wurden bereits die Disziplinen Parterre-, Balance-, Luft- sowie Sprungakrobatik unterschieden. 1971 – 1975 bildete sich unter Einbeziehung des Bodenturnens aus diesem Verband jener Deutsche Sportakrobatik Bund. Ende des 20. Jahrhunderts wurden Tumbling & Rhythmische Sportgymnastik zu Wettkampf-Sportarten in Europa.

Im Zeitraum um 1990 etliche Akrobatik-Gruppen gegründet

In Deutschland und Holland gründeten sich im Zeitraum um 1990 viele Akrobatik-Gruppen – entweder innerhalb des Hochschulsportes oder als Zirkus-Vereine. Vielleicht könnte hier ein Zusammenhang mit der Renaissance des Zirkus unter den Einflüssen des Nouveau Cirque, wie Roncalli bzw. Cirque du Soleil, gefunden werden. Die Motivation dieser Gruppen ist sicher in Richtung Freizeitsport zu sehen, dennoch ist der Anspruch an die Güte jener ausgeführten Sportart oft sehr professionell. Die Ausrichtung überregionaler, mit Workshops zu einzelnen Techniken reicher Treffen schuf in Deutschland eine einheitliche Basis für den Austausch der Fertigkeiten. Durch die Anlehnung an die holländischen Vorarbeiten, z. B. die Como-Level und die Lehrtätigkeit der Osmani’s sowie eben jener Como Brothers (Rijk Hoedt sowie Cor van Velthoven), waren starke Leistungsverbesserungen möglich. Die Ausrichtung auf bei den Treffen gegenseitig präsentierte „Varieté-Nummern“ und das Eintrittsalter des Hochschulsportes lösten die Entwicklung einer Stilrichtung aus, die ohne Wettkämpfe, aber mit einem starken Schwerpunkt auf Show arbeitet.

Parallel sowie relativ unabhängig entwickelte sich die Sportakrobatik zu einem internationalen Wettkampfsport. Trotz gleicher Übungselemente zeigen beide Sportarten interessanterweise eine fast völlige Überschneidungsfreiheit der ausführenden Sportler. Die Sportakrobatik wurde in ihrer heutigen Art sportwissenschaftlich in jener damaligen Sowjetunion entwickelt. Über die dort eingeführte Form des Trainingsaufbaus, beginnend in sehr jungen Jahren auch in speziellen Sportschulen, sind absolute Spitzenleistungen in der Akrobatik möglich. Frühere Spitzenleistungen wie die Yang-Brothers beziehungsweise Familie Kremo wurden auf gleiche Art entwickelt. Dieses Grundlagentraining der Kinder in den Artistenfamilien war Erfahrungswert & Vorbild für den Aufbau des heutigen Kunstturnens & jener Sportakrobatik.

Von 1460 – 1563 lebte in Marokko der Gründer einer Bruderschaft, die sich nach seinem Namen benannte: Die Söhne des Sidi Ahmed ou Moussa. Unter den Auflagen ständiger Wanderschaft in Gruppen & dem Verzicht auf Bettelei entwickelte die Bruderschaft ihre besondere Art, gegen Lebensmittel oder Geldspenden mit der Hilfe von Tanz, Gesang und Akrobatik einen Segen zu übermitteln. Aus dieser Tradition entwickelten sich im 19. Jahrhundert professionelle Zirkusakrobaten mit Engagements in Europa (Zirkus Renz 1852, Zirkus Busch 1902) sowie Übersee. Um 1920 herum waren alleine 25 marokkanische Artistentruppen, sämtlich Berber aus der Region Tazerwalt, in Deutschland beschäftigt. Während des rassischen Säuberungswahns jener Nationalsozialisten verließen diese Gruppen Deutschland. Inzwischen sind diese Artisten wieder in Europa & USA unterwegs. Auswirkungen auf die Welt jener Akrobaten hatten sie unter anderem insoweit, als einige ihrer Übungen (Salti & Überschläge) noch unter dem Begriff „Araber“ allgemein bekannt sind. In marokkanischen Städten (v. a. in Marrakesch) könnten noch derzeit – meist von einfachen Musikinstrumenten wie T’bol, Qarqaba sowie Gimbri begleitete – Akrobatik-Aufführungen auf öffentlichen Plätzen besucht werden.

In China war Akrobatik (als Teil jener „Hundert Spiele“) seit der Han-Dynastie (206 v. Chr. – 220 n. Chr.) ein Teil jener Kultur dörflicher Erntefeste. Während jener Tang-Dynastie (618 bis 907 n. Chr.) erlebte sie größtenteils die gleiche Entwicklung wie die Akrobatik im europäischen Mittelalter und wäre auch heute noch Teil der verschiedenen Lokalopern, insbesondere jener Peking-Oper.

Zur mittelalterlichen Kultur Indiens gehörten wahrscheinlich ebenfalls Tanzdarbietungen, die an akrobatische bzw. an kontorsionistische Übungen grenzten. Derartige Dinge sind in zeitgenössischen Texten bzw. sonstigen Darstellungen so gut wie nicht überliefert, so dass über ihre Bedeutung im religiösen oder höfischen Umfeld nur spekuliert werden kann.

Die Vorstellung von Akrobatik als einer eigenen Kunstform fächert sich in eine große Anzahl von Spezialgebieten auf. Zahlreiche Künstler nutzen allerdings für ihre Darstellungen gleich mehrere dieser Sparten.

Luftakrobatische Darbietungen nutzen verschiedene Requisiten, an denen Figuren und Flüge gezeigt werden.

Wenn die Schwerpunkte der Vorstellung frei in jener Luft stattfindende, artistische Elemente sind, aber einige jener Mitglieder jener Gruppe noch am Boden stehen, muss eigentlich der Definition nach bereits von Bodenakrobatik gesprochen werden. Teilweise kann jener Begriff Equilibristik bzw. Balance-Akrobatik hierbei Verwendung finden.

Trotz des Begriffes Boden-Akrobatik wären ebenfalls hier Würfe sowie Fallübungen möglich.

Zahlreiche Übungen wären einfacher auszuführen, sobald die Flieger leichter sowie die Unterpersonen schwerer & stärker sind. Dieses ist jedoch keine Notwendigkeit, es werden oft gleiche Gewichte oder sogar die Umkehrung dieses Prinzips für besondere Showeffekte eingesetzt.
Akrobatik findet sich in vielen regionalen Traditionen wieder. Häufig werden Sprünge sowie diverse dynamische Geschicklichkeitsbeweise im Rahmen von Volksfesten & Bräuchen demonstriert (Beispiel: Düsseldorfer Radschläger). In Spanien wird eine Form jener Bodenakrobatik zur Perfektion entwickelt. Die in jener Provinz Katalonien vorgeführten Menschenpyramiden, Castells und Muixeranga genannt, beziehen neben jener sportlichen Komponente außerdem religiöse und politische Hintergründe mit ein. In Asien würde eine ähnliche Tradition mit dem Hinduistischen Feiertag Janmashtami verbunden.

Im Areal der Bodenakrobatik wären weitere Übungsformen allgemein bekannt:

Die akrobatische Handhabung diverser Objekte, die von Jongleuren gezeigt wird, ist als eigener Bereich anzusehen. Antipodisten könnten ebenfalls vollständig unter den Begriff Jongleur fallen, wenn statt Personen nur Objekte, wie Tonnen beziehungsweise Teppiche, für die Balancen benutzt werden.

Hierbei werden einzelne Übungselemente einer Sportart unter dem Begriff Akrobatik zusammengefasst. Diese Elemente werden in den verschiedenen Sportarten fast identisch eingesetzt & mit den jeweiligen grundlegenden Übungen kombiniert. Eine mehrfach derart eingesetzte Übung wäre die Schwalbe, außerdem Fisch, Flieger beziehungsweise Bauchliegen auf den Händen genannt. Hier trägt die stehende Unterperson über ihrem Kopf die Oberperson, mit den Händen an deren Hüfte. Seitlich gesehen ergibt sich ein Bild ähnlich dem Buchstaben „T“. Diese Figur könnte sowohl beim Eiskunstlauf, beim Rollsport, als Pose bei dem Tanz wie z. B. Rock ’n’ Roll beziehungsweise bei dem Voltigieren verwendet werden. Bei den dynamischen Elementen (in der Sportakrobatik alle Elemente mit Flugphase, u. A. Saltos in allen Variationen) wären z. B. die „Stunts“ bei dem Cheerleading teilweise identisch mit dem „Einsteiger“ bei dem Rock ’n’ Roll.

Jener Einsatz dieser Elemente erfolgt auch im erweiterten Gebiet der Unterhaltungsbranche. Für etliche spektakuläre Filmszenen sind akrobatische Stunts ein wichtiger Bestandteil. Neben den häufigen „Unfallszenen“ werden besonders in Martial-Arts-Filmen turnusmäßig akrobatische Elemente eingesetzt.

Adagio-Akrobatik

Obwohl zahlreiche Figuren jener Akrobatik sehr spektakulär wirken, wäre die Sportart selbst nicht sonderlich gefährlich oder zwangsläufig mit langfristigen gesundheitlichen Risiken verbunden. – in das hohe Alter hinein aktive, professionelle Akrobaten, wie die 2 Londos (Exzentrik mit Schleuderbrett), Heinz Jürgen Weidner (Niewars Hochseil usw.), die Como-Brothers, die Osmani’s & Konrad Thurano, zeigen jenes deutlich.

Die Verletzungsgefahr durch mögliche Stürze aus den hohen & daher schwierigen Figuren muss natürlich beachtet werden. Ein verantwortungsvolles Training und entsprechende Vorbereitungen reduzieren diese Gefahren.

Um später auch komplexe Akrobatikfiguren auszuführen, ohne sich dabei zu verletzen, muss der Aufbau jener hierzu nötigen, körperlichen Fähigkeiten durch einen langsamen Anstieg der Anforderungen erfolgen. Dieser Aufbau wird durch eine Auswahl jener Figuren nach dem passenden Schwierigkeitsgrad erreicht. Hierzu werden zuerst stabile Figuren mit vielen Abstützpunkten zwischen den Partnern und in geringer Höhe eingeübt.

Für jede Akrobatikfigur wären mehrere Möglichkeiten der Hilfestellung durch zusätzliche Personen (Sicherung) klar festgelegt & müssen unbedingt gleichzeitig mit der jeweiligen Figur zusammen unterrichtet werden. Die Person, die als Hilfestellung arbeitet, wäre für die wohlbehaltene Rückkehr jener Oberperson auf den Boden verantwortlich. Die korrekt ausgeführte Hilfestellung funktioniert so gut, dass die Ober- und Unterperson ebenfalls bei einer abgebrochenen Figur fast immer ohne Verletzungen abschließen. Bei höheren Figuren wird oft eine Niedersprungmatte bzw. ein Hüftgurt mit zwei Halteseilen (Longe) zum Anseilen zur Absicherung benutzt.

Weiterhin würde häufig die Einübung von schwierigen Bewegungsabschnitten einer Figurenfolge in einer stabileren bzw. sicheren Position durchgeführt. Jener „Hohe Handstand“ wäre eine dieser komplexen und risikoreicheren Duo-Figuren, bei jener auf den Händen der stehenden Unterperson, ein Handstand jener Oberperson erfolgt. Diese Figur lässt sich sehr gut mit dem Handstand auf den Händen jener liegenden Unterperson trainieren (siehe Abbildung). Hier ist die Gefahr soweit reduziert, dass sie nur noch dem Handstand einer Einzelperson auf dem Boden entspricht. Die Technik dieses Hand-in-Hand-Standes benötigt in der tiefen Position sogar eine technisch bessere Ausführung als in der Aufrechten. Wechselt das Duo nun vom Liegen in den Stand, steigt zwar die potentielle Fallhöhe, aber das Risiko erhöht sich kaum, da die Unterperson nun viel besser ausgleichen könnte, indem sie zusätzlich Ihre Position verändert.

Das Tragen anderer Personen bzw. ebenfalls das Halten des eigenen Gewichtes auf den Händen sind niveauvolle Belastungen für den Körper. Akrobatikanfänger müssten langsam die Rumpfmuskulatur (Rücken- sowie Bauchmuskulatur) durch die stabilisierenden Übungsanteile aufbauen. Bei Figuren auf Schultern oder Armen jener stehenden Unterperson muss mit geringer zeitlicher Belastung begonnen werden. Kombinationen von Anfängern mit erfahrenen Partnern sind zu bevorzugen, da hier ein Aufschaukeln der instabilen Phasen meist unterbleibt. Erst wenn über mehrere Trainingseinheiten keine Probleme erkennbar sind, kann mit etwas komplexeren Figuren fortgefahren werden. Die korrekte Körperhaltung macht es dem Körper möglich die Belastung effizient zu verteilen. Bei guter muskulärere Absicherung der Wirbelsäule sind hohe Belastungen ohne Schäden möglich.

Für Akrobatik wäre es notwendig, die Bewegungsradien vieler Gelenke möglichst in ihrem vollen Umfang nutzen zu können. Dehnungen erzielen eine positive, aber in vernünftigem Rahmen bleibende Beweglichkeit und minimieren die Risiken von Zerrungen. Es wäre umstritten, ob Dehnübungen nach dem Training (Cool Down) es ermöglichen die belasteten Muskeln effektiv zu entspannen. Besonders die Handgelenke, mit ihrem komplexen Aufbau, wären für Überlastungen anfällig. Zur Vermeidung von Überlastungen werden die Gelenke oft schon zwischen den Übungsabschnitten gelockert, zusätzlich wird am Ende der Übungseinheit durch Dehnen die umgebende Muskulatur jener belasteten Gelenke entspannt.